"Großes Potenzial liegt in der Vielfalt unserer bergsportlichen Angebote"

Der neue Bundesfachgruppenleiter Matthias Grell über den Bergsport bei den NaturFreunden

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Der hessische NaturFreund Matthias Grell (58) hat zum 21. April die Leitung der Bundesfachgruppe Bergsport der NaturFreunde Deutschlands übernommen. Martina Murrmann aus der Fachgruppe Bergsport der NaturFreunde Hessen sprach mit ihm über den Natursport bei den NaturFreunden und seine Pläne für die nächsten Jahre.

Martina Murrmann: Matthias, seit dem 21. April bist du neu gewählter Leiter der Bundesfachgruppe Bergsport. Wie geht es dir damit?

Mathias Grell: Ich bin gespannt, was auf mich zukommt und freue mich sehr, dass ich mit dieser Aufgabe betraut wurde. Ich muss aber auch zugeben, dass ich zunächst meine Zweifel hatte, ob ich der Aufgabe gewachsen bin. Die letzten Bundesfachgruppenleiter Bergsport, Klaus Rübensal und Wolfgang Spindler, haben sehr viel für den Bergsport getan. In ihre Fußstapfen zu treten ist eine große Herausforderung.

Was hat dich dazu gebracht, dich zur Wahl zu stellen?

Ich bin nun schon so lange im Bergsport aktiv, bin ausgebildeter Trainer im Sportklettern, Alpinklettern und Bergsteigen. Da fand ich es an der Zeit, mehr Verantwortung zu übernehmen und durch meine Arbeit auch etwas an den Verband zurück zu geben. Im Vorfeld der Wahl habe ich bereits große Unterstützung aus meinem Umfeld in der Fachgruppe erfahren. Entscheidend war letztendlich, dass die NaturFreunde mir einfach wichtig sind. Was gibt es Schöneres als Arbeit mit dem geliebten Hobby zu verbinden.

Erzähl uns bitte etwas Persönliches über dich.

Ich bin Biologe, 58 Jahre, verheiratet und habe zwei erwachsene Kinder. Als Familie sind wir schon lange in der Natur, beim Klettern und in den Bergen unterwegs. Wir lieben das Klettern in der Pfalz, was nahe liegt, da wir in Darmstadt beheimatet sind. Genauso gerne aber besteigen wir Berge oder bereisen die Natur in fernen Ländern. Der Klettersport ist da ein Geschenk, das einen an wunderschöne Orte bringen kann. Die Leidenschaft für diesen Sport bringt einen mit Menschen und Kulturen auf der ganzen Welt zusammen.

Was hat dich zu den NaturFreunden gebracht?

Wie das häufig so ist: Ein Freund, der bei den NaturFreunden ist, nahm mich zum Klettern mit. Als ich diese Felsen sah, wusste ich, das ist meine Welt. Das war vor über 30 Jahren. Wir haben uns danach  immer wieder über die NaturFreunde, ihre Geschichte, Aktivitäten und Weltanschauungen unterhalten, die Gespräche haben mich überzeugt. Anstoß zum Beitritt waren dann die tollen Ausbildungsmöglichkeiten im Bergsport. Beitritt und Grundausbildung kamen dann ganz flott.

Gibt es einschneidende Erlebnisse in deiner Bergsportzeit bei den NaturFreunden?

Ja, der Unfall einer sehr guten Freundin bei einer gemeinsamen Bergtour. Ein Felssturz hatte sie schwer verletzt. Es war gut, dass zwei von unserer Gruppe gerade eine Ausbildung in Erster Hilfe und Bergrettung absolviert hatten, das hat es uns einfacher gemacht, richtig zu reagieren. Den Moment, in dem sie mit dem Hubschrauber ausgeflogen wurde, werde ich wohl nie vergessen. Glücklicherweise sind ihre Verletzungen auskuriert und heute sind wir wieder gemeinsam beim Bergsport unterwegs.

Gibt es besondere Highlights?

Ach, da könnte ich unheimlich viel aufzählen. Klettern in der Pfalz, in Finale/Ligurien, in der Türkei, Skitouren in der Silvretta, das Gemeinschafts- und Naturerlebnis beim Bergsteigen.

Heraus sticht für mich eine Tourenwoche, die ich vor zwei Jahren mit meiner Tochter in den Schweizer Westalpen unter­nommen habe. Unter anderem haben wir dabei den Nordgrat am Finsteraarhorn angegangen, höchster Berg der Berner Alpen und ein respektabler 4.000er. Letztendlich sind wir circa 50 Höhenmeter unter dem Gipfel umgekehrt, der Zeitpunkt zum Umkehren war erreicht, das war aber kein Manko. Die Vorbereitungstouren, die Hütten, die Stimmung am frühen Morgen auf dem Gletscher, der ausgesetzte Grat, die beeindruckende Fernsicht, einfach unvergesslich!

Wie siehst du die Situation im Natursport bei den NaturFreunden?

Auf der Bundesfachgruppenkonferenz am letzten Wochenende war zu spüren, wie sehr wir Natur­sportler mit Herz an unserem Sport und unserem Verband hängen. Für viele von uns gehen gewünschte Veränderungen allerdings zu langsam, einiges was wir uns vorgenommen und beschlossen haben, setzt sich nicht oder nur zögernd um. Man muss aber auch klar sehen, wie viele neue Aktivitäten unsere Verant­wort­lichen, Trainer und Sportler bewegen. Etliches davon findet vor Ort bereits statt. Anderes ist im Aufbau.

Unsere zukünftige Bundesgeschäftsführerin Maritta Strasser sowie Rolf Mantowski aus dem Bundesvorstand haben eben erst auf der Konferenz klare Plädoyers für die Wichtigkeit des Natursports in unserem Verband gehalten. Ich bin überzeugt, dass wir hier eine klare Unterstützung in der Zukunft erfahren.

Was werden die Schwerpunkte deiner Arbeit sein?

Einige Projekte wie die Mitgliedschaften im Sportbund, die Fortführung und Unterstützung des Förderteams, sowie die lang geplante Trainerbörse liegen mir am Herzen. Ein großes Potenzial liegt in der Vielfalt und Anzahl unserer bergsportlichen Veranstaltungen. Eine breite Kommunikation unserer tollen Angebote halte ich für wichtig. Die NaturFreunde-Erlebnis-Akademie (NEA), die jetzt in Bayern aufgebaut und erprobt wird, ist ein richtiger Schritt in diese Richtung. Da stehe ich voll dahinter. Wenn wir das Projekt erfolgreich gestalten, können sicherlich auch die Bundesebene und andere Landesverbände profitieren.

Hast du noch eine Schlussbemerkung?

Ich freue mich auf meine neue Aufgabe und wünsche mir die Unterstützung aller am Natursport Interessierten. Es ist die Begeisterung für dieses Hobby, die Liebe zu den Bergen, der Natur und die unvergessenen Momente mit Freunden, die uns hier bei den NaturFreunden zusammenbringen.

Interview: Martina Murrmann, Fachgruppe Bergsport der NaturFreunde Hessen