Radverkehrsförderung: Wir brauchen mehr öffentliche Fahrrad-Parkanlagen

Private Fahrrad-Parkanlagen sind in Baden-Württemberg jetzt gesetzlich verankert

Fahrrad-Garage am Erfurter Bahnhof
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Wenn die Verkehrswende gelingen soll, braucht es auch viele großzügige Parkanlagen für Fahrräder. Gerade in der Großstadt und an verkehrlichen Brennpunkten wie Bahnhöfen und Schulen gibt es viel zu wenige und sehr unsichere Parkplätze für Fahrräder.

Fast alle dieser Plätze sind zudem belegt, sehr oft mit verwahrlosten, offensichtlich ausrangierten Rädern, die keiner mehr will und braucht. Wer  sein Rad dort  parken  will,  kann es nicht. Deshalb stehen die Räder an Pfosten, Verkehrsschildern, Fahnenmasten oder Gittern. Und sind – wie auch die Räder an den ordentlichen Plätzen – dem Wetter, den Dieben und den Vandalen  ausgeliefert.

Wer das Rad zum Einkaufen, für Behördenbesuche oder für die Fahrt zur Arbeit braucht,  wünscht sich einen sicheren und dennoch rasch zugänglichen Platz zum Abstellen des Fahrrades – gerne auch vor der Witterung geschützt. Denn mal ehrlich: Würden Sie ein 3.000 Euro teueres E-Bike einfach vor dem Bahnhof abstellen wollen?

Fahrrad-Stellplätze jetzt Vorschrift in Baden-Württemberg

In der neuen baden-württembergischen Bauordnung (seit März 2015) ist festgelegt, dass pro Wohnung zwei wettergeschützte  Stellplätze  für  Fahrräder  zur  Verfügung stehen müssen, die eine wirksame Diebstahlsicherung ermöglichen. Diese sollen möglichst ebenerdig zugänglich oder durch Rampen oder Aufzüge leicht erreichbar sein. Es können sowohl die traditionellen Fahrradständer gebaut als auch Flächen oder Räume eingerichtet werden, um Fahrräder, Kinderwagen oder Gehhilfen abzustellen.

Diese Änderung ist zeitgemäß. Heute ist in Wohnhäusern oftmals überhaupt kein Platz für Fahrräder oder Kinderwagen vorgesehen. Die Fahrzeuge werden notgedrungen im Hausflur abgestellt und stehen dort im Weg.

Dennoch  hat  der  Gesetzentwurf  schon  vor  dem  Beschluss für viel Aufregung gesorgt: „Das bedeutet keine Verbesserung für die Radfahrer, sondern lediglich eine überflüssige Zusatzbelastung für die Bauherren und damit auch für höhere Mietkosten“, entrüstete sich Klaus Lang, Vereinsvorsitzender von Haus & Grund in Stuttgart. Allein das Vorhandensein eines Extra-Stellplatzes für Räder würde niemanden dazu animieren, aufs Rad umzusteigen.

Doch da irrt der Herr: In der Bike City in Wien kommen auf 100 Wohnungen 320 Fahrradstellplätze. In den einzelnen Etagen gibt es teils gläserne Abstellräume für Fahrräder und Kinderwagen, teils Fahrradstellplätze direkt vor der Haustür. Das geht problemlos, weil die Fahrstühle so groß sind, dass bequem drei Fahrräder und drei Personen hineinpassen. Es zeigte sich, dass selbst wenig fahrradbegeisterte Bewohner nach ihrem Einzug in die Bike City mehr Rad fuhren als vorher.

Die neue Bauordnung der grün-roten baden-württembergischen Landesregierung (mit Verkehrsminister und NaturFreund Winfried Hermann) ist eine konsequente Folge der Absicht, den Radverkehr in der Stadt und auf dem Land zu fördern. Bis zu einem Viertel der notwendigen Kfz- Stellplätze können Bauherren in Baden-Württemberg künftig durch Fahrrad-Stellplätze ersetzen. Dabei müssen sie für einen Kfz-Stellplatz vier Fahrrad-Stellplätze bauen.

Das Autofahren soll nicht abgeschafft werden, aber das Radfahren  bequemer  gemacht  und  mehr  Menschen zum Umsteigen bewegt werden. Das kommt durch weniger Feinstaub und Giftgase immer auch der Umwelt zugute.

Michael Weiß
NaturFreunde-Radgruppe Stuttgart

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