In Dachau bieten die NaturFreunde jetzt fantastische Klettermöglichkeiten – sogar solo
Kerstin Bernhardt (56) ist Geschäftsführerin der neuen NaturFreunde-Kletterhalle Dachau. Multifunktionale Sportanlagen leitet die Dachauer NaturFreundin schon seit drei Jahrzehnten. Im Interview mit unserer Mitgliederzeitschrift NATURFREUNDiN erklärt sie, was die Halle in Dachau besonders macht.
NATURFREUNDiN: Anfang Mai hat in Dachau bei München die erste NaturFreunde-Kletterhalle Deutschlands eröffnet. Wie ist das Interesse bisher?
Kerstin Bernhardt: Gigantisch. Allein am Eröffnungswochenende waren 3.000 Menschen da. Das war wirklich überwältigend. Überall Begeisterung und fantastisches Feedback. Wir hatten extrem viele Nachfragen nach Kursen, aber auch nach Angeboten für Kinder wie etwa Geburtstagsfeiern. Seitdem ist hier immer richtig was los.
Ihr habt insgesamt 2.300 Quadratmeter Kletterfläche. Wie sind die aufgeteilt, wie kann man sich die Kletterhalle vorstellen?
Da ist natürlich die große Haupthalle, in der momentan rund 120 Routen zum Vorstieg einladen. Knapp 17 Meter hoch kann man hier klettern. Dann gibt es auch einen eigenen Schulungsbereich mit vielen weiteren Routen. Da sind die Kursteilnehmer*innen komplett unter sich. Zudem haben wir verschiedene Boulderbereiche auf mehreren Etagen, unter anderem eine riesengroße offene Bouldergalerie mit direktem Blick in die Kletterhalle. Ja, und dann kann man hier sogar draußen klettern, ganz toll in Südwestausrichtung, in der Sonne, zum Beispiel nach der Arbeit. Das sind noch mal gut 60 Routen. Und es werden Weitere hinzukommen.
Was kennzeichnet euren Routenbau?
Unser Ziel ist, dass jede*r Kletternde wiederkommen möchte – und zwar mit einem Lächeln. Wir haben ein breites Angebot von technisch anspruchsvollen Platten bis zu athletischen Überhängen. Und dann haben wir versucht, die meisten Routen und Boulder für alle zugängig zu machen, ob nun 160 oder 190 Zentimeter groß. Hier werden kleine und große Menschen gefordert.
Die NaturFreunde-Kletterhalle in Dachau hat an 365 Tagen im Jahr geöffnet. Eine Kletterkarte kostet 15,50 Euro, es gibt verschiedene Ermäßigungen und Happy Hours. Jahreskarten (für 110 Euro, Jugendliche günstiger) erhalten ausschließlich NaturFreunde-Mitglieder, was aber grundsätzlich auch jede*r werden kann. Im fünf Kilometer entfernten Naturfreundehaus Georg-Andorfer (N 74) können Klettergruppen in zwei Lagern übernachten.
Es gibt bei euch ein System, mit dem man auch ohne Kletterpartner*in klettern kann?
Richtig, mit unserem Sicherungssystem Toppas kann man gesichert „solo“ klettern. Das funktioniert so: Du hängst einen speziellen Karabiner in deinen Gurt ein und wenn du dann die Route besteigst, zieht das Sicherungsgerät ein Drahtseil nach. So bist du auch solo sehr gut gesichert.
Die Halle hat ja einen eigenen Ausbildungsraum. Wie sieht euer Angebot da aus?
Wir machen viele Kinder-Ausbildungskurse, bieten Schnupperklettern an und natürlich alle drei Ausbildungsstufen des Kletterscheins: Einsteigerkurs, Toprope, Vorstieg. Zudem lehren wir auch den Übergang von der Halle zum Fels – ganz wichtig.
Inklusion ist bei euch auch ein Thema?
Ja, hier wird alles inklusiv gedacht. Rollstuhlfahrer*innen zum Beispiel haben überall Zugang. Dazu haben wir den Faktor Therapie ganz grundsätzlich in unsere Überlegungen einbezogen. So arbeiten wir mit einer Behindertenwerkstatt zusammen und haben Angebote für Menschen mit körperlicher und geistiger Behinderung. Klettern kann da viel bewirken. Wir wollen offen sein für alle, die woanders eher ausgegrenzt werden.
Neben der NaturFreunde-Kletterhalle in Dachau gibt es auch eine NaturFreunde-Boulderhalle, die die NaturFreunde Bielefeld seit Juni 2017 sehr erfolgreich in einem Naturfreundehaus betreiben. Einen (viel kleineren) Boulderraum haben die NaturFreunde Würmtal südwestlich von München, zudem auch einen großen und stark frequentierten Kletterturm. Ungleich mehr eigene Kletterinfrastruktur betreiben die NaturFreunde in Österreich. Dort gibt es rund 100 NaturFreunde-Kletterhallen und -wände.
Und ihr legt viel Wert auf Nachhaltigkeit. Wo drückt sich das aus?
Zum Beispiel in der Energieversorgung. So haben wir eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach und auch eine Wärmerückgewinnungsanlage. Zudem arbeiten wir mit regionalen Lieferanten zusammen. Wir achten auch darauf, möglichst wenig wegzuwerfen. Letztlich wollen wir mit der ganzen Belegschaft Vorbild in Sachen Nachhaltigkeit sein und zum Beispiel möglichst mit dem Rad oder öffentlichen Verkehrsmitteln zur Kletterhalle fahren.
Ist die Halle denn mit Öffentlichen erreichbar?
Die Bushaltestelle Dachau-Watzmannstraße ist acht Minuten entfernt, da fahren sechs Linien.
Habt ihr spezielle Eröffnungsangebote?
Bis zum 30. September ist alles günstiger, etwa die Jahreskarte für 95 Euro statt 110 Euro. Die gibt es übrigens nur in Verbindung mit einer NaturFreunde-Mitgliedschaft. Überhaupt kommen Mitglieder grundsätzlich immer günstiger in die Halle.
Interview: Samuel Lehmberg