Mit den NaturFreunden die Geschichte, Kultur und Architektur des Stadtbezirks Stuttgart-Süd erwandern
Auf rund sieben Kilometern führt der von den NaturFreunden Stuttgart-Heslach ausgewiesene "Rote-Socken-Weg" durch den Stuttgarter Süden. Als Ergänzung zum "Blaustrümpflerweg" des Schwäbischen Albvereins konzipiert, weist der abwechslungsreiche Rundweg zahlreiche Bezüge zu Geschichte, Architektur, Natur, Kultur und Entwicklung des Stadtbezirks auf. Gekennzeichnet ist er durch Tafeln mit der Abbildung einer roten Socke.
Ein lohnenswerter Aufstieg
Einerseits urban mit vielen kulturellen und historischen Bezügen, andererseits landschaftlich eindrucksvoll: Der "Rote-Socken-Weg" ist beides. Der auch als „Panoramawanderung“ bezeichnete Rundweg beginnt am Marienplatz und führt von dort aus durch das Lehenviertel mit seinen Gründerzeithäusern und durchquert den Landschaftspark Wernhalde, in dem über 40 Mammutbäume zu bestaunen sind.
Beeindruckende Ausblicke entschädigen für den durchaus anspruchsvollen Aufstieg zum Santiago-de-Chile-Platz, von dem es nicht mehr weit ist zur Schillereiche mit einer ebenfalls herausragenden Weitsicht. Abwärts geht es dann über Weißenburgpark, Bopseranlage, Markuskirche und den Alten Zahnradbahnhof wieder zurück zum Marienplatz. Auch ein Abstecher zum Wohnhaus der Politikerin und Frauenrechtlerin Clara Zetkin ist möglich.
Von den NaturFreunden angelegt
Der „Rote-Socken-Weg“ wurde im Jahr 2010 im Rahmen der Feierlichkeiten der Stuttgarter NaturFreunde zu ihrem 100-jährigen Jubiläum eröffnet. Konzipiert hat den Weg hauptsächlich der Stuttgarter NaturFreund Klaus Hrastnik. Der kannte die Auf- und Abstiege aus jahrelanger Wandererfahrung, bewältigte sie früher regelmäßig mit dem Fahrrad.
Die Betreuung des Weges durch die NaturFreunde umfasst die Kennzeichnung, nicht die Beseitigung von Mängeln. Nach fast eineinhalbjähriger Sperrung wurden 2015 – auch auf Drängen der NaturFreunde – schadhafte Stufen und Handläufe im Bereich der Fangelsbachklinge saniert, um die Verkehrssicherheit im ökologisch wertvollsten und landschaftlich reizvollsten Teil des Wanderwegs durch den Wernhaldenpark zu gewährleisten. Als eigenen Beitrag spendeten die NaturFreunde eine dringend benötigte Ersatzbank.
Mehr Informationen
NaturFreunde Stuttgart-Heslach
Werner Schmidt
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Routenbeschreibung
Start am Marienplatz
Der „Rote-Socken-Weg“ startet am Marienplatz und führt über die Liststaffel vorbei am denkmalgeschützten Jugendstilhaus Nr. 2 durch das Lehenviertel mit seinen Gründerzeithäusern zwischen Historismus und Jugendstil. In der Tulpenstraße 14 und in der Altenbergstraße 42 erinnern Stolpersteine an Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.
Aufstieg durch den Landschaftspark Wernhalde
Fast am Ende der Oberen Altenbergstraße verlässt man urbanes Gelände und biegt rechts in den Landschaftspark Wernhalde ein. Wernhalde kommt übrigens von „Wülenhalde“ – der Ort, an dem einst die Schweine wühlten. Das etwa 7 Hektar große Landschaftsschutzgebiet am südlichen Rand des Stuttgarter Talkessels wurde Anfang der 80er Jahre im Rahmen eines Jugendsozialprojekts entmüllt und instandgesetzt. Die Obstwiesen und die Bäume im Park werden seither von der Stadt naturnah gepflegt.
Serpentinen führen zunächst steil aufwärts zu einem ersten Aussichtspunkt, bevor es dann hinunter zur Fangelsbachklinge geht – eine der vielen Schluchten, wie sie in die Keuperhänge rings um Stuttgart eingekerbt sind. Sie entstehen, wenn das Wasser den nicht sehr widerstandsfähigen Mergel aus Ton und Kalk ausräumt und die härteren Sandsteinschichten untergräbt. An solch kühl-feuchten Standorten finden sich besonders arten- und strukturreiche Schlucht– und Hangmischwälder (Esche, Ulme und Ahorn), die sich hier zu Naturwäldern entwickeln können, da die Bewirtschaftung an steilen Hängen zu mühsam ist.
Mammutbäume säumen den weiteren Weg. Ihre dicke, faserige Rinde schützt die Baumriesen in ihrer Heimat Kalifornien vor Waldbränden. Und erst bei sehr großer Hitze, wie sie ein Waldbrand bewirkt, öffnen sich die Zapfen und geben die Samen frei, die dann unter günstigen Bedingungen keimen können. Einige der mehr als 40 Mammutbäume im Wernhaldenpark wurden schon zu Zeiten König Wilhelms I. von Württemberg um 1860 gepflanzt. Nur ein Loth (etwa 16 Gramm) des sehr kleinen und leichten, aber teuren Samens sollten damals in Amerika gekauft werden, mangelhafte Englischkenntnisse führten aber offenbar dazu, dass ein Pfund („a lot of“) geliefert wurde. Der überschüssige Samen wurde daraufhin im ganzen Land verteilt.
Oben angekommen: Santiago-de-Chile-Platz
Über eine Brücke und die Ausläufer einer zweiten Klinge, Staffeln und historische Pflastersteine erreicht man die Römerstraße, die auf dem Haigst endet. Der sportlich anspruchsvollste Teil der Wanderung ist damit geschafft. Die Aussicht vom Santiago-de-Chile-Platz entschädigt für die Mühen des Aufstiegs. Hier verläuft auch der "Blaustrümpflerweg".
Nach Überqueren der Neuen Weinsteige beginnt das Königsträßle, von dem bereits nach wenigen Metern in Richtung Osten auf den Kaltenlocher Weg abgebogen wird. An der früheren Rodelbahn vorbei kommt man zur Bopserhütte mit Waldspielplatz und Grillmöglichkeit. Der Untere Bopserweg wird gleich links auf einem Trampelpfad verlassen, um in die Wernhaldenstraße zu gelangen. Hier bietet sich ein herrlicher Ausblick auf den Süden. Etwa 100 Meter weiter kann von einer begrünten Aussichtsplattform die Stadt eingesehen werden. Nochmals 100 Meter später liegt der Aussichtspunkt Schillerhöhe mit der 1865 in Erinnerung an die erste Lesung aus Friedrich Schillers "Die Räuber" gepflanzten Schillereiche.
Abstieg zurück zum Marienplatz
Dann geht es abwärts zum Weißenburgpark mit dem Gebäudeensemble aus Teehaus und Marmorsaal, die im Unterschied zur früheren Villa Weißenburg erhalten und wiederbelebt werden konnten. Von der angrenzenden Plattform aus hat man einen wunderschönen Rundumblick auf die Innenstadt und den Süden. Über die Bopseranlage – 1822 die erste von der Stadt geschaffene öffentliche Grünanlage –, die Etzelstraße mit dem aus einer legendären Hausbesetzung hervorgegangenen Kinder- und Jugendzentrum, den Falbenhennenplatz, die 1907 von Heinrich Dolmetsch im Jugendstil erbaute Markuskirche und den Alten Zahnradbahnhof – Spielstätte des Theaters „Die Rampe“ – führt der Weg wieder zurück zum Marienplatz.
Alternativ kann zum Abschluss von der Etzelstraße auf Höhe der Jugendfarm über die Staffeln des Oskar-Schindler-Wegs zur Weißenburgstraße abgestiegen werden, um dann von der Immenhoferstraße zum Österreichischen Platz und unter der Paulinenbrücke zum Rupert-Mayer-Platz zu kommen. Der Rückweg zum Marienplatz geht am Furtbach-Krankenhaus und dem früheren Sitz des Dietz-Verlags in der Furtbachstraße 12 vorbei.