Mit Schmugglern ins Moor auf dem Noaberpad

© 

Wie Gelee fühlt sich die Luft an, dicht, feucht und schwer, auch die Sicht wird schlechter. Das könnte Mist werden. So nennen die Niederländer den Nebel und der ist auch im holländischen Moor nicht ohne. Noch vor wenigen Metern führte der schmale Pfad direkt an schwarzen Löchern vorbei. Weitergehen? Besser warten.

Das also ist die schöne Zweitageswanderung auf dem Noaberpad bei Enschede (NL): mit dem Bus aufs Land, wandern im Moor, übernachten im Naturfreundehaus, auch den zweiten Tag wandern und dann vom Bahnhof nach Hause. „Mit glühenden Wangen kriechen wir abends in eins der 32 Betten“, es klang wirklich gut im niederländischen NaturFreunde-Magazin TOORTS. Von vernebelten Moorlöchern stand dort aber nichts.

Die großen Moore im niederländisch-deutschen Grenzgebiet konnten lange kaum durchquert werden. Nur Schmuggler kannten die gefährlichen Pfade – und wurden von Zöllnern gejagt. Doch die Nachbarn halfen sich grenzüberschreitend, zum Beispiel am deutschen Moorhof „Roter Lappen“: Bei Gefahr wurde hier ein rotes Tuch gehisst. Den Hof gibt es noch, jetzt ist der Weg markiert und mit Planken ausgelegt.

Der Wanderführer zum Noaberpad
NIVON (Hrsg.): Noaberpad – Grenzeloos wandelen an Dollard naar Rijn; 192 Seiten, Wanderführer mit Karten, niederländische Routenbeschreibung und deutscher Gebrauchsanweisung, 5. aktualisierte Auflage; Eigenverlag, Amsterdam, 2018; ISBN 9789491142109; Preis 19,95 Euro; bestellen: www.nivon.nl/noaberpad

Auch die deutschen Fluchtkirchen (Vluchtkerken) waren eine besondere Form der Nachbarschaftshilfe: Niederländische Katholiken waren hier ungestört, während sie zuhause von den Reformierten an der Ausübung ihres Glaubens gehindert wurden.

Heute wird im deutsch-niederländischen Grenzgebiet nicht mehr Andersdenkenden geholfen, sondern der Natur. Wanderer auf dem Noaberpad brauchen jetzt wasserdichte Schuhe, wenn sie etwa die wunderbare Natur der mittlerweile geschützten und wiedervernässten Hochmoore erleben wollen, zum Beispiel im Frühling, wenn das Schmalblättrige Wollgras das Gelände weiß färbt oder sich die stolzen Kraniche sammeln. Hier gibt es viele seltene Arten, regelmäßig werden Kreuzottern gesichtet. Wanderer erkennen die gefährdete Giftschlange am schwarzen Strich über dem Rücken. Ab März ist sie aktiv, ab August gebärt sie lebende Junge.

Solange werde ich nicht mehr warten. Der Nebel ist nicht dichter geworden und die Route hervorragend markiert. Bald müsste eine Wacholderheide beginnen. Anfang des letzten Jahrhunderts wurde sie landwirtschaftlich genutzt und mit Schafen beweidet. Aber das lohnt sich nicht mehr und die übrig gebliebenen Wacholdersträucher bekommen nun eine zweite Chance. Sogar die seltene Moorlilie gibt es hier, Blume des Jahres 2011. Ab Juli blüht sie hellgelb.

Mir aber ist jetzt eher nach hellgelben Pfannkuchen. In der Nähe des Naturfreundehauses soll es ein Pfannkuchenrestaurant geben und noch sind es einige Kilometer entlang der Buurserbeek. Gegen den Strom, das macht müde.

In Deutschland heißt die Beek übrigens Bach, wird aber „Aa“ genannt und entspringt in der Nähe von Ahaus. Eine renovierte Wassermühle steht kurz vor der niederländischen Grenze, keine zwei Kilometer sind es dann noch zur Brombeere, wie das Naturfreundehaus Den Broam auf Deutsch heißt.

Dorthin komme ich schließlich tatsächlich mit glühenden Wangen und krieche in eines der 32 Betten. Das Pfannkuchenrestaurant wird auch noch da sein, wenn ich mir den ganzen Noaberpad vom Dollart bis zum Rhein vornehme.

Samuel Lehmberg