Wie eine hessische Kreisstadt zur Fairtrade-Town wurde
Es ist heiß und staubig im „Haus der Frauen“ in Tenkodogo in Burkina Faso. Zwanzig junge Frauen werden dort zu Näherinnen ausgebildet. Gerade arbeiten sie an Baumwolltaschen für die hessische Kreisstadt Hofheim – organisiert vom „Freundeskreis Hofheim–Tenkodogo“.
Seit fünf Jahren gibt es den Freundeskreis jetzt schon. Die darin engagierten Hofheimer Bürger haben die Nähmaschinen gekauft, 60 Frauen konnten ihre Ausbildung bereits abschließen. Der Freundeskreis organisiert auch den Verkauf der Taschen. Der Gewinn fließt in neue Projekte in Tenkodogo, die Näherinnen erhalten einen fairen ortsüblichen Lohn. Auch in Hofheim hat der Freundeskreis in den letzten Jahren einiges bewegt: Besuche aus Afrika, Gespräche mit Verwaltungsmitarbeitern, Kunstaktionen und Vorträge. Für viele Hofheimer ist Afrika jetzt nicht mehr der „vergessene Kontinent“.
Die Kommune unterstützt dieses Engagement. Dabei geht es nicht um große Summen, sondern um offene Räume, Runde Tische, Kontakte oder Verwaltungsmitarbeiter für fachliche Beurteilungen freizustellen. Entwicklungszusammenarbeit ist schließlich nicht nur die Aufgabe von Staaten. Die großen globalen Herausforderungen wie der Klimawandel oder ungerechte Wirtschaftsstrukturen können nur durch ein verändertes Verhalten von allen geändert werden. Städten oder Gemeinden kommt dabei eine besondere Rolle zu. Keine andere staatliche Ebene ist so dicht bei den Menschen wie die Kommune. Wenn sie das Engagement ihrer Bürger unterstützt, ob nun Eine-Welt- oder Umweltgruppen oder Kirchenkreise, verstärkt es sich. Kommunen können sogar gezielt den Fairen Handel fördern. Schließlich kaufen sie ein: vom Kaffee für Sitzungen über Mittagessen in den Kitas bis zu Pflastersteinen für die Straßen.
Hofheim ist seit 2012 eine von 322 sogenannten „Fairtrade Towns“ in Deutschland. Diese fördern gezielt den Fairen Handel auf kommunaler Ebene. Das ist natürlich nur möglich in Zusammenarbeit mit Vereinen, Kirchen, Schulen und der örtlichen Wirtschaft. Und es ist ein spannender Prozess: eine Art Entdeckungsreise zu den Auswirkungen der Globalisierung in der eigenen Stadt.
Die Stadt Hofheim möchte bei den Bürgern ein Bewusstsein der Verantwortung für unsere Eine Welt schaffen. Die Frauen in Tenkodogo profitieren davon. Sie erhalten kein Almosen, sondern einen guten Lohn für ihre Arbeit. Sie wollen als Menschen ernst genommen werden und eine faire Chance haben.
Gisela Stang. Die NaturFreundin Gisela Stang ist Bürgermeisterin der Fairtrade-Town Hofheim. Kontakt: gstang@hofheim.de
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 2-2015.