Das Nichtgesagte ist oft das Interessanteste. So teilt uns der Autor von "Land und Wasser" Thomas Kruchem leider nicht mit, wer seine Reise nach Mosambik, Sambia und Tansania gesponsert hat. Doch bedankt er sich ausdrücklich bei den Mitarbeitern der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die auch den Band herausgegeben hat. Und es gibt gelegentlich Lob für u. a. die Bill-and-Melinda-Gates-Foundation, die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft und die GIZ, die zum Beispiel zusammen mit Agrarmultis wie Cargill „die kleinbäuerliche Baumwollproduktion in Afrika auf stabile Füße […] stellen" (S. 130).
Seine prinzipiell positive Haltung gegenüber ausländischen Agrarinvestoren begründet der Autor zunächst mit den negativen ökologischen Folgen der traditionellen kleinbäuerlichen Landwirtschaft – ein Thema, das auch im Klappentext aufgegriffen wird: „Die Rauchglocke, die alljährlich für Monate über dem südlichen Afrika liegt, sagt alles: Böden und Wald dort sowie das Klima weltweit sind Opfer einer zerstörerischen traditionellen Landwirtschaft. Millionen Kleinbauern hungern, obwohl sie reichlich Land und Wasser haben. Regierungen und Entwicklungshilfe sind dabei gescheitert, diese Landwirtschaft zu modernisieren. Sind jetzt ausländische Agrarinvestoren Retter in höchster Not? Oder sind Investoren nur Land- und Wasserräuber, die Afrikas Bauern noch tiefer ins Elend stoßen?“ Dass es sich bei der letzten Frage um eine rhetorische handelt, ist nach dem bisher Gesagten klar.
Tatsächlich ist die verbreitete Brandrodung problematisch, aber etwa Simbabwe in den 80er und 90er Jahren (das heißt vor Mugabes chaotischer "Landreform") zeigt, dass auch ohne internationale Agrarinvestoren sich die Produktivität der kleinbäuerlichen Landwirtschaft steigern lässt, ohne ökologische Katastrophen auszulösen. Voraussetzung dafür aber ist eine funktionierende Infrastruktur – vor allem Straßen, Schulen, Kliniken, Beratungsdienste, Institutionen zur Vermarktung. Doch leider gibt es stattdessen meist leere staatliche Kassen und eine verbreitete Misswirtschaft (Korruption, unfähige Bürokratien).
Ob diese Probleme allerdings durch internationale Investoren gelöst werden können, ist fragwürdig. Selbst einem prinzipiellen Befürworter wie Kruchem ist nicht entgangen, dass die Agrarinvestoren vor allem an ihrem Profit und nur bedingt an einer Förderung von Kleinbauern interessiert sind.
So führt er etwa das Beispiel des Londoner Investitionsfonds Chayton Capital an, der unter anderem 7000 Hektar Farmland im Norden Sambias pachtete, die er von zwei vertriebenen weißen Farmern aus Simbabwe bearbeiten lässt. Dabei spielen die Pachtgebühren in der kapitalintensiven, hochmechanisierten und computergesteuerten Bewässerungslandwirtschaft nur eine untergeordnete Rolle. Enttäuschend für die lokale Bevölkerung ist die geringe Zahl an geschaffenen Arbeitsplätzen. Gegen alle politischen Risiken – beispielsweise das Verbot von Kapitaltransfers, Enteignungen – ist Chayton bei der Weltbank versichert. Chayton erwirtschaftet 15 bis 25 Prozent Rendite pro Jahr. Kapital bekommt Chayton unter anderem vom African Agriculture and Trade Investment Fund, an dem auch die staatliche deutsche Kreditanstalt für Wiederaufbau, das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) und die Deutsche Bank beteiligt sind.
Bei einem anderen Projekt in Sambia wurden Kleinbauern vertrieben zugunsten unter anderem von Zambeef, einer von einem Iren gekauften sambischen Fleischfirma. Auch bei der Wassernutzung, ein konfliktbeladenes Thema im südlichen Afrika, kommt es häufig zu Problemen. So ermutigte etwa der Erfolg einer kommerziellen Reisfarm in Tansania Kleinbauern dazu, es ebenfalls mit Bewässerung zu versuchen – mit dem Ergebnis, dass das Flussbett monatelang trocken war. In einem anderen Fall verschmutzten Agrarinvestoren durch Rinderzucht das Wasser.
Der Autor führt eine Vielzahl von weiteren Beispielen aus den drei Ländern an, bei denen die Verbesserung der Lage der Kleinbauern die Ausnahme ist. So unterstützte in Sambia in einem vom Autor positiv gemeinten Beispiel Cargill Frauengruppen beim Anbau von Baumwolle und ermöglichte einigen Bauern den Aufstieg in die kommerzielle Landwirtschaft.
Kruchems Resümé – „Große Plantagen können zur nationalen Ernährungssicherung beitragen“ – ist prinzipiell richtig, nur passiert es ziemlich selten, weil es auch selten zu echten „Partnerschaften zwischen Investoren und Kleinbauern“ (S. 187) kommt. Dazu sind die Machtunterschiede einfach zu groß.
Insgesamt ist – trotz der blauäugigen Erwartungen des Autors an internationale Agrarinvestoren – das Buch lesenswert. Besonders die vielen Projektbeispiele machen die Konflikte zwischen Investoren und Kleinbauern deutlich. Daneben geht der Autor aber auch auf juristische Fragen (Formen der Landnutzung beziehungsweise des Landbesitzes) und die große Aufgabe einer fairen Verteilung der Wasserressourcen ein.
Peter Bräunlein, NaturFreunde Ulm