Gute Idee: Wandern mit blinden und sehbehinderten Menschen

Ein Bericht von Gabi Wahler, NaturFreunde Wiesbaden

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Als wir vor 10 Jahren gefragt wurden, ob wir die Wanderleitung für Mitglieder des Blinden- und Sehbehindertenbundes übernehmen könnten, war doch etwas Skepsis da. Ist das so einfach durchführbar? Gibt es nicht viele Risiken, die man beachten muss? Nach einem Augenblick des Zögerns entschlossen wir uns dazu, es wenigstens auszuprobieren. Nun wandern wir ganze 10 Jahre gemeinsam. Und haben es nie bereut.

Übrigens: Die NaturFreunde bieten eine 3-tägige Fortbildung zum Thema Inklusion für Wanderleiter und Trainer C – Wandern an. Weitere Informationen dazu gibt es hier.

Was ist anders, wenn man mit Blinden und Sehbehinderten wandern geht?
Muss man sich bei Wanderungen mit Blinden selbst anders verhalten als bei Wanderungen mit Sehenden? Zum Teil. Wir sind vor allem besonders aufmerksam, wenn wir mit unserer Gruppe wandern. Und die Orientierung funktioniert natürlich anders. Wir finden im Vorfeld heraus, welche Bedürfnisse die Mitglieder der Gruppe haben, denn das Sehvermögen bzw. der Sehrest sind sehr unterschiedlich. In unserer Gruppe haben wir zur Zeit eine Person, die ganz blind ist und deshalb jemanden braucht, der sie führt. Die anderen orientieren sich an Vorder- und Nebenmann, gehen selbständig mit dem weißen Stock und können sich so und mit Hilfe ihres Gehörs sehr gut bewegen.

Dinge, die man auf jeden Fall beachten sollte, wenn man mit Menschen mit Sehbehinderung wandert:

  • Immer eine Vorab-Tour machen, auch wenn man glaubt, den Weg gut zu kennen. Denn vor Überraschungen ist man nie gefeit. Da kann ein Bauer seine Rüben geerntet haben und der Weg ist voll von Erdklumpen, da können Baumfällarbeiten den Weg blockieren oder der Weg durch Starkregen in eine Schlammwüste verwandelt worden sein –  alles schon erlebt.
  • Einen Treffpunkt auswählen, den alle Teilnehmer selbstständig oder in Begleitung gut erreichen können. Bei uns sind das in der Regel der Hauptbahnhof und die darum herum liegenden Bushaltestellen.
  • Immer überpünktlich vor den ersten Wanderern da sein, um eventuell Orientierung zu geben.
  • Während der Wanderung den Weg nach Problemstellen absuchen (dafür bekommt man mit der Zeit ganz automatisch einen Blick). Auf Pfosten, Engstellen, Stolperfallen wie Wurzeln oder Steine achten und Warnhinweise geben. Größere Hindernisse wie heruntergefallene Äste aus dem Weg räumen.
  • Nach der Wanderung die Gruppe wieder an den bekannten Ausgangspunkt zurückbringen.
  • Toll ist es, wenn es auf der Wanderung einiges zu „schauen“ gibt, sprich: mit den Händen ertasten, hören, riechen, helles freies Feld im Kontrast zu dunklem Wald erfahren.

Wenn man diese wenigen Punkte beachtet, steht dem Spaß mit der Gruppe nichts mehr im Wege.

Verbindung mit der Ortsgruppe
Wenn zwei sehende Begleiter dabei sind, ist die Wanderung gut zu bewerkstelligen. Viel schöner ist es aber, wenn, wie bei uns, weitere NaturFreunde regelmäßig mit dazu kommen. Ihnen machen die Touren mindestens genauso viel Freude wie unseren Teilnehmern mit Sehbehinderung und überhaupt ist die Gruppe sehr fröhlich und aufgeschlossen, und die Stimmung bei der Schlussrast ist toll. Die so entstandene Verbindung zu unserer Ortsgruppe findet auch Ausdruck darin, dass die besonders Fitten mittlerweile auch an den regulären Nachmittagswanderungen der NaturFreunde teilnehmen.

Inzwischen organisieren und begleiten wir übrigens auch Freizeiten des Blinden- und Sehbehindertenbundes mit bis zu 50 Teilnehmern. So waren wir zusammen im Odenwald, im Bayerischen Wald, am Edersee und in der Rhön. Immer dabei sind die Teilnehmer unserer Wandergruppe, die diese Ausflüge besonders genießen.

Gabi Wahler
NaturFreunde Wiesbaden

 

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