Grünes, blaues und graues Wasser

Grünes Wasser = natürlich vorkommendes Boden- und Regenwasser
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Um die für die Erzeugung unserer Produkte gebrauchte Wassermenge zu berechnen, greifen Experten auf drei Kategorien zurück:

Grünes Wasser

Als grünes Wasser wird die Menge an Regenwasser bezeichnet, die im Boden gespeichert ist. Dieses Wasser nehmen Pflanzen während ihrer Wachstumsphase auf. Je nach Klimazone ist die Menge der Niederschläge sehr unterschiedlich:

Zur Verdeutlichung: 1 Millimeter Niederschlag bedeutet 1 Liter Regen pro Quadratmeter. Der durchschnittliche Niederschlag in Deutschland liegt bei ca. 700 Millimetern oder 700 Litern pro Quadratmeter. In Brandenburg bei 500 Millimetern, im Voralpenland bei 1.800 Millimetern.

Bedeutsam sind natürlich auch die Verdunstungsrate (Temperatur- und Windverhältnisse), die Bodenbeschaffenheit (Fähigkeit zur Wasserspeicherung) sowie Zeitpunkt und Menge der Niederschläge. So sind einzelne schwere Schauer oder Gewitter für das Pflanzenwachstum wenig nützlich, weil das Wasser abfließt, statt in den Boden einzusickern. Auch Regen, der außerhalb der Wachstumszeit der Pflanzen fällt, kann von diesen nicht genutzt werden.

Große Zahlen, denen wir im Folgenden immer wieder begegnen, bedeuten nicht zwangsläufig, dass das Produkt besonders problematisch sein muss. Entscheidender als die Gesamtliterzahl ist der Anteil des grünen Wassers. Je höher dieser ist, desto günstiger ist auch die Wasserbilanz. Hierzu ein Beispiel, bei dem wir nicht Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit Orangen vergleichen.

Im weltweiten Durchschnitt steht hinter einer Orange (150 g) ein Wasserbedarf von etwa 80 Litern (560 l/ kg) - Der Anteil des grünen Wassers beträgt dabei 72 Prozent. Im weltweiten Durchschnitt stehen hinter einem Apfel (150 g) etwa 125 Liter Wasser (822 l/kg) - Der Anteil des grünen Wassers beträgt dabei 68 Prozent.

Auf den ersten Blick scheinen beide Obstsorten etwa den gleichen Wasserbedarf zu haben. Doch dies trifft nur auf die Zahlen des weltweiten Durchschnitts zu. Wenn Zitrusfrüchte, die ursprünglich aus den Tropen stammen, nun in Halbwüsten angebaut werden, steigt deren Wasserbedarf erheblich. Der größte Teil der bei uns angebotenen Orangen stammt aus Nordafrika und dem Nahen Osten. Dort sind sie für örtliche Wasserkonflikte mitverantwortlich – dazu jedoch mehr im Abschnitt „blaues Wasser“!

Auch beim Apfel macht es einen großen Unterschied, ob er aus einer naturnahen Streuobstwiese stammt oder aus einer Apfelplantage, die einen wesentlich höheren Wasserbedarf hat.

Blaues Wasser

blau_0.jpgAls blaues Wasser wird die Menge an Wasser bezeichnet, die sowohl in der Industrie als auch im häuslichen Gebrauch zur künstlichen Bewässerung oder zur Herstellung von Produkten benutzt wird. Dieses Wasser wird Oberflächengewässern (Bächen, Flüssen, Seen etc.) oder dem Grundwasser entnommen. Die Verwendung dieser Wasservorräte bedeutet stets einen Eingriff in das natürliche Ökosystem und schafft neben den ökologischen meist auch soziale und politische Probleme.

Hierzu wieder einige Beispiele:

Landwirtschaft in der Steppe und Entnahme von Flusswasser
Das wohl bekannteste Beispiel dafür ist der Aralsee, der von Kasachstan und Usbekistan umschlossen wird. Vor 1960 war er noch der viertgrößte Binnensee der Welt, hat aber inzwischen weit mehr als die Hälfte seiner Fläche verloren. Die Entnahme und Umleitung großer Wassermengen aus den Zuflüssen, den Strömen Amudarja und Syrdaja, für den Baumwollanbau in Kasachstan und Usbekistan hat eine gigantische Umweltkatastrophe verursacht. Der See trocknete in großen Teilen aus und hinterließ eine Salzwüste, die sich ständig weiter ausbreitet. Neben Staub und Salz ist die Region stark durch Pestizide und Entlaubungsmittel aus dem Baumwollanbau verseucht. Menschen, die in der kahlen Gegend ausharren müssen, leiden unter Armut und Krankheit. Die Sterblichkeitsrate unter Kindern ist gegenüber Russland vierfach höher, Missbildungen sind an der Tagesordnung. Ein ähnliches Schicksal erleidet zurzeit das Tote Meer, dessen Wasserspiegel jährlich um einen Meter sinkt. Dem Jordan, der das Tote Meer speist, wird durch intensive Landwirtschaft und Trinkwasseranlagen so viel Wasser entnommen, dass nur noch ein Rinnsal die Mündung erreicht.

Störung des Grundwasserhaushalts durch Intensivlandwirtschaft
Südspanien: Zwischen dem Meer und der Sierra Nevada erstrecken sich in der Umgebung von Almeria kilometerweit Foliengewächshäuser. Vor allem Tomaten und Paprika wachsen hier in einer Intensivkultur mit bis zu fünf Ernten pro Jahr. 400.000 t und damit 30 Prozent der Gesamtproduktion gehen allein in den Export nach Deutschland. Trotz ausgeklügelter Bewässerungstechnik sind die Grundwasserreserven bereits erschöpft. Eine allmähliche Versalzung der tiefen Grundwasserschichten durch eindringendes Meerwasser wird in Kauf genommen. Die Entsorgung der Plastikfolien und die Verseuchung des Bodens mit Resten der Dünge- und Pflanzenschutzmittel sind weitere ernsthafte ökologische Probleme in Almeria. Die Einkünfte aus der Intensivkultur von Gemüse sind vergleichsweise gering und können nur durch den massiven Einsatz von Tagelöhnern rentabel betrieben werden.

In den meisten Fällen fehlt das blaue Wasser, das durch die Industrie/Landwirtschaft genutzt wird, an anderer Stelle. Häufig sind Kleinbauern, die von den Erträgen ihres eigenen Grund und Bodens leben, die ersten Leidtragenden. Dabei ist zu bedenken, dass auf der Südhalbkugel fast 90 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft leben. Häufig werden sie wegen des Wassermangels zur Abwanderung in die Armensiedlungen einer Megacity gezwungen. Für die kommenden Jahrzehnte wird mit der Entstehung von 20 weiteren Riesensiedlungen ohne Infrastruktur mit mehr als 20 Millionen (Mio.) Einwohnern gerechnet.

Graues Wasser

grau_0.jpgAls graues Wasser wird die Menge an Wasser bezeichnet, die während der Produktion so stark verunreinigt wird, dass sie als unbrauchbar gilt oder die im Prinzip dazu nötig wäre, um das verschmutzte Wasser so weit zu verdünnen, dass das Wasser wieder die Qualitätsstandards erreicht. Pflanzenschutz oder Düngemittel können Ursache für die Verschmutzung sein. Im Gegensatz zu blauem und grünem Wasser stellt das graue Wasser ein hypothetisches Konzept dar, das sich auf die Wasserqualität bezieht.

Bei den vorausgegangenen Beispielen (Aralsee, Almeria) waren schon einige Probleme genannt worden: Düngemittel und Pestizide, die in der industriellen Landwirtschaft im großen Stil eingesetzt werden. Ein Teil dieser Stoffe gelangt immer wieder in das Grundwasser und damit früher oder später wieder in den Wasserkreislauf. Ein großes Problem ergibt sich bei der Bewässerung von trockenen Gebieten. Sehr bedrohlich ist die zunehmende Versalzung des Bodens durch den Salzgehalt im herangeführten Wasser. Versickerndes Wasser löst Mineralien aus dem Boden und reichert das Grundwasser an. Aufgrund der starken Verdunstung in trockenen Gebieten steigt Grundwasser langsam auf und bringt die Versalzung noch weiter voran. Salze im Boden und deren Konzentration nehmen ständig zu und eine wachsende Salzkruste bedeckt die Oberfläche.

Rückstände der Industrieproduktion gelangen - und dies vor allem in den Schwellenländern ohne ausreichende Umweltschutzgesetzgebung – ungeklärt in Bäche und Flüsse. Sie machen einen Teil der Wasserressourcen für viele Zwecke (als Trinkwasser oder für die Bewässerung) unbrauchbar. Da durch die Globalisierung viele besonders „schmutzige“ Industrieproduktionen in solche Länder verlegt worden sind, machen sich Auswirkungen bei uns nur wenig bemerkbar.

Gemessen an den Mengen an grünem und blauem Wasser mögen die Anteile des grauen Wassers eher klein wirken – doch sind die sozialen Auswirkungen kaum zu unterschätzen. Angesichts der zunehmenden Trinkwasserknappheit und der schlechten Trinkwasserqualität in vielen Ländern der Südhalbkugel sind es wiederum die Armen, die unter den Auswirkungen der Intensivlandwirtschaft leiden. Sie können sich meist das in Flaschen oder Kanistern angebotene saubere Trinkwasser nicht leisten und die öffentliche Wasserversorgung ist oft verschmutzt. In vielen Regionen fehlt selbst diese.