NaturFreunde Deutschlands erwarten von der Bundesregierung eine an den Menschenrechten ausgerichtete Tourismuspolitik
Zum Ende der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) erklärt Uwe Hiksch, Mitglied des Bundesvorstandes der NaturFreunde Deutschlands:
Auch in diesem Jahr zeigte die Internationale Tourismus-Börse (ITB) in Berlin vor allem die Sonnenseiten des Tourismus: Lachende Kinder und Menschen in den Zieldestinationen bestimmten das Bild der Reisemesse. Die Schattenseiten der heutigen Tourismusindustrie werden jedoch nur am Rande beleuchtet.
Die riesigen Hotels und Anlagen für die Touristen führen zu immer mehr Landschaftsverbrauch in den Zieldestinationen. Wälder und Moore müssen weichen und die Natur wird immer weiter zurückgedrängt. Ernsthafte ökologische Probleme verursachen auch der hohe Wasserverbrauch des Tourismus sowie die oft ungelöste Müllentsorgung.
Der heutige Tourismus ist eine weltweit agierende Industrie, die sich in vielen Regionen zu einem der größten Wirtschaftssektoren und Arbeitgeber entwickelt hat. Mehr als 100 Millionen Menschen sind direkt oder indirekt in Einrichtungen des Tourismusgewerbes und in den touristischen Dienstleistungsunternehmen beschäftigt. Die Umsätze aus dem Tourismus belaufen sich weltweit auf mehr als eine Billion Dollar.
Interessen der Tourismusindustrie bestimmen die Tourismuspolitik der Bundesregierung
Die Bundesregierung lässt sich in ihrer Tourismuspolitik vor allem von den Interessen der international agierenden Tourismusunternehmen leiten. Dadurch wird eine an den Grundsätzen der Menschenrechte orientierte Tourismusstrategie verhindert. Die deutsche Tourismuspolitik ist weiterhin in erster Linie auf die Förderung international agierender Tourismusunternehmen gerichtet.
Die NaturFreunde Deutschlands fordern hier ein grundsätzliches Umsteuern: In Zukunft müssen die Auswirkungen des Tourismus auf die Menschenrechtslage in den touristischen Zielregionen in den Mittelpunkt einer an Nachhaltigkeit orientierten Tourismuspolitik gestellt werden. Hierbei muss die Einhaltung der Menschenrechte durch die Tourismuswirtschaft der zentrale Ansatz für eine neue Tourismuspolitik sein.
In den letzten Jahren wurde durch Forderungen von Menschenrechts- und Nichtregierungsorganisationen ein differenziertes völkerrechtliches Instrumentarium geschaffen, um Menschenrechtsverletzungen zu begegnen. Zu diesen Instrumentarien zählen unter anderem der UN-Zivilpakt (ICCPR) und der UN-Sozialpakt (ICESCR), das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau (CEDAW), das UN-Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (CRPD) sowie das UN-Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (ICERD), die Kernarbeitsnormen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und das ILO-Übereinkommen 169 über eingeborene und in Stämmen lebende Völker. Auch die Leitlinien der Food and Agriculture Organization (FAO) zum Recht auf angemessene Ernährung und der Beschluss des UN-Menschenrechtsrates zum Recht auf Zugang zu sauberem Trinkwasser und sanitäre Versorgung haben unmittelbare Relevanz für den Tourismussektor.
Die NaturFreunde Deutschlands fordern die Bundesregierung auf, sich endlich dafür einzusetzen, dass diese internationalen Übereinkommen zu einem verbindlichen Regelwerk für die transnational arbeitenden Tourismusunternehmen weiterentwickelt werden.
Die NaturFreunde Deutschlands setzen sich weiter dafür ein, Konsumenten, Investoren und Medien für die Auswirkungen des Tourismus stärker zu sensibilisieren. Ausdrücklich rufen die NaturFreunde Deutschlands die Touristen dazu auf, sich über die Auswirkungen der Geschäftstätigkeit der Tourismusunternehmen auf die Menschenrechte vor einem Reiseantritt zu informieren und von den entsprechenden Unternehmen eine Änderung ihrer Unternehmenspolitik einzufordern.
Mit den im Jahr 2011 angenommenen „Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte“, die im UN-Menschenrechtsrat einstimmig angenommen wurden, liegt heute ein wichtiger Referenzrahmen für Verbraucher, Politik, Wirtschaft, aber auch für die Justiz vor. Die NaturFreunde Deutschlands setzen sich dafür ein, dass diese Leitprinzipien in der realen Wirtschafts- und Tourismuspolitik der Bundesregierung endlich zur „Leitlinie“ werden.
Die NaturFreunde Deutschlands fordern von der Bundesregierung:
- die Durchsetzung von Menschenrechten als zentrale Forderung ihrer Tourismuspolitik aufzunehmen;
- alle Akteure in der Tourismuswirtschaft auf die menschenrechtlichen Grundsätze der internationalen Abkommen zu verpflichten und verbindliche Maßnahmenkataloge zur Einhaltung der Menschenrechte vorzulegen;
- konkrete Sanktionsmechanismen zu entwickeln, damit Tourismusunternehmen bei Verstößen gegen Menschenrechte und bei Nichteinhaltung der OECD-Leitsätze zur Rechenschaft gezogen werden können;
- Opfern von Menschenrechtsverletzungen durch Tourismusunternehmen die Möglichkeit zu geben, Gerichte in den Ländern, in denen diese Unternehmen ihren Hauptsitz haben anzurufen, um ihre Ansprüche durchzusetzen;
- die Unternehmen der Tourismusindustrie konkret zu verpflichten, keine Investitionen vorzunehmen, die negative Auswirkungen zulasten der armen und indigenen Bevölkerung haben.
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