Was motivierte Frankreich bei seiner Mali-Intervention gegen vorrückende Islamisten im vergangenen Jahr? Bernhard Schmidt, ein ausgewiesener Kenner der französischen Afrikapolitik, analysiert Vorgeschichte und Auswirkungen eines Konfliktes, in den auch Deutschland involviert ist.
Für einen neokolonialen Feldzug spricht, dass französische Konzerne Uran und Öl in der Region fördern. Eine islamistische No-Go-Area würde Frankreich von diesen Bodenschätzen abschneiden. Allerdings greift der neokoloniale Ansatz zu kurz. Die Franzosen wurden von großen Teilen der malischen Bevölkerung begrüßt, die unter der islamistischen Terrorherrschaft im zeitweise abgespaltenen Norden stark gelitten hatte.
Auch die zeitweise mit den Islamisten paktierenden Tuareg kämpften eher für ihre eigene Autonomie als für einen Gottesstaat. Mehr Rückhalt in der Bevölkerung hatten linksnationalistische Militärs, die vor der Intervention gegen eine korrupte Oligarchie putschten und dann zurücktraten. Dass aber die aus den darauffolgenden Wahlen hervorgegangene Regierung tatsächlich Reformen einleitet, ist wenig wahrscheinlich.
Auch Marc Engelhardt geht in Heiliger Krieg – heiliger Profit auf die Ereignisse in Mali ein, beschäftigt sich aber grundsätzlicher mit den Bedingungen, unter denen die Islamisten in Afrika an Einfluss gewinnen konnten. Dabei beschreibt er an vielen Beispielen – von der somalischen al-Shahaab-Miliz über Al-Qaida im Islamischen Maghreb (AQMI) bis zur igerianischen Boko Haram – eine gefährliche Mixtur aus dem Verfall staatlicher Strukturen und dem Aufstieg der organisierten Kriminalität sowie deren fließenden Übergang zum islamischen Terrorismus. Denn der finanziert sich durch Entführungen, Schutzgelder und Schmuggel.
Erschwert wird eine Beurteilung islamistischer Gruppen allerdings durch deren Infiltration, beispielsweise durch den algerischen Geheimdienst. Der Ablauf einiger Entführungen lässt vermuten, dass es sich hier um Inszenierungen des Geheimdienstes handelte.
Beide Bücher sind gut recherchiert und tragen viel zum Verständnis des heutigen Westafrikas bei, über das in deutschen Medien leider so gut wie gar nicht berichtet wird.
Peter Bräunlein, NaturFreunde Ulm
Dieser Buchtipp ist zuerst erschienen in NATURFREUNDiN 3-2014.