44 Tipps zum plastikfreien Leben

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Die Redaktion unserer Mitgliederzeitschrift NATURFREUNDiN hat sich in der Ausgabe Dezember 2020 Gedanken über ein plastikfreies Leben gemacht. Hier präsentiert sie 44 Tipps, wie dies gelingen kann:

01
Müllvermeidung beginnt im Kopf. Und zwar vor dem Einkauf. Stell dir ein paar Fragen, die dir helfen, die richtige Kaufentscheidung zu treffen: Brauche ich das? Wie oft werde ich es benutzen? Wie lange wird es halten? Habe ich etwas Ähnliches? Könnte ich so etwas auch ausleihen? Gibt es etwas Vergleichbares, das besser ist, umweltfreundlicher, fairer hergestellt? Wer ist der Produzent, der mein Geld bekommt? Könnte ich so etwas auch gebraucht kaufen? Will ich das überhaupt? Wenn du jetzt immer noch der Überzeugung bist, etwas kaufen zu müssen, dann brauchst du es offenbar wirklich.

02
Bevor du das Haus verlässt: Prüfe bitte kurz, ob du einen Stoffbeutel in deiner Tasche hast! Wäre blöd, wenn du an der Kasse um eine Plastiktüte bitten müsstest: Das ist der vermeidbarste, unsinnigste Plastikmüll, den es gibt! Die Papiertüte ist übrigens keine Alternative zum Stoffbeutel: Die Deutsche Umwelthilfe hat vorgerechnet, dass man eine Papiertüte dreimal verwenden muss, bevor sie umweltfreundlicher als eine Plastiktüte ist.

03
In der Regel entscheidet bereits die Wahl der Verkaufsstelle, wie viel Abfall der Einkauf verursachen wird. In großen Warenketten fällt normalerweise mehr Verpackung an als im Fachhandel. Während Discounter oft verpacktes Gemüse anbieten, offeriert der Biohandel unverpacktes, meist sogar aus der Region.

04
Nimm eigene Behälter mit an die Käse-, Wurst- oder Fleischtheke. Verpacke Birnen, Brötchen oder Bananen im mitgebrachten Stoffbeutel. Joghurt, Sahne, Milch, Marmelade, Essig oder Senf gibt es auch im Glas, oft sogar Mehrweg. Weise den*die Verkäufer*in explizit darauf hin: kein Plastik an meinen Lebensmitteln!

05
In Folie eingeschweißtes Gemüse ist ein Zeichen, dass dir sagt: Bloß die Finger davon lassen! Zum Beispiel die Gurke: Hersteller*innen schweißen sie dann ein, wenn sie über eine lange Distanz transportiert werden und Flüssigkeitsverlust befürchtet werden muss. Lange Wege bedeuten, dass das Gemüse nicht frisch, ergo sein Geld nicht wert ist! Check den Saisonkalender, um regional und saisonal einzukaufen. Je kürzer die Lieferkette, desto weniger Verpackung.

06
Greif zur Flasche! Aber bitte aus Glas und nicht aus Plastik. Und selbstverständlich Mehrweg. Deren Umweltbilanz verbessert man übrigens, wenn man sie nicht ausspült! Im Werk werden die Flaschen sowieso gespült.

07
Einzeln verpackte Süßigkeiten? Gibt es im Supermarkt. Muss aber nicht sein. Lose Naschis bekommst du in Süßigkeitenläden, Kiosken, Confiserien, manchen Spätis und auf Märkten.

08
Hast du schon einmal nachgeforscht, ob es einen „Unverpackt-Laden“ in deiner Nähe gibt? Weniger Verpackung gibt es auch auf den Wochenmärkten. Und in den meisten Hofläden gibt es viele Produkte ohne nerviges Plastik drum herum.

09
Wenn es wirklich nicht ohne Verpackung geht: Lass diese im Laden zurück! Die drei Herrenslips „Made in India“, eingelegt in Papier und dann auch noch in einer massiven Plastiktragehülle untergebracht? Würde jede*r Kund*in diese überflüssige Hülle im Laden lassen, hätte der*die Händler*in ein Problem: Er*Sie müsste einen Entsorgungsplan entwerfen und Geld ausgeben, um den Plastikmüll zu entsorgen. Würden viele Kund*innen so handeln: Händler* müssten sich mit Hersteller*innen in Verbindung setzen und – schon aus eigenem wirtschaftlichen Interesse – anweisen: Slips nicht mehr in Plastikhüllen!

10
Lade dir die „Replace Plastic App“ herunter. Mit dieser App scannst du die Barcodes von Produkten, um dem*der Hersteller*in mitzuteilen, dass du dir dafür Verpackungen ohne Plastik wünschst. Hilfreich ist auch die Codecheck-App: Sie überprüft für dich, ob zum Beispiel Mikroplastik, Silikone oder andere zweifelhafte Stoffe in einem Produkt enthalten sind.

11
Augen auf auch im Biomarkt! Biokartoffeln aus Marokko oder Äpfel aus Neuseeland sollten allein schon deshalb nicht in den Einkaufskorb, weil sie wahnwitzige Wege hinter sich haben. Biogemüse in Plastikfolie, das ist wie ein Tierschutz-Aktivist im Pelzmantel! Und Biosäfte in Einweg-Behältnissen, das ist wie ein SUV auf dem Radweg.

12
Verzichte auf das Auto! Denn der Reifenabrieb beim Autofahren verursacht in Deutschland am meisten Mikroplastik. Zug oder Straßenbahnen entlasten dagegen die Umwelt. Nach einer Studie des Fraunhofer Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik entstehen pro Jahr in Deutschland 330.000 Tonnen Mikroplastikpartikel – gut vier Kilogramm pro Kopf. Rund ein Drittel davon stammt vom Reifenabrieb. Die Partikel gelangen über das Regenwasser in Ozeane oder unser Grundwasser.

13
Der Kaffee-Becher „to go“ ist die Pest wie alle anderen Unterwegs-Getränkebecher auch: Ihre Menge hat sich seit der Jahrtausendwende verdreifacht. Plus Plastikdeckel: 110.000 Tonnen Abfall im Jahr gehen in Deutschland allein auf das Konto von „to go“-Getränkeverpackungen. Mach diesen Wahn nicht mit, besorge dir ein Unterwegsgefäß, das du nach Gebrauch spülen kannst.

14
Verzichte auf Mülltüten! Für den Rest- oder Biomüll kannst du eine Tüte aus Zeitungspapier falten. Und in den Plastikmülleimer kommt ja ohnehin nur Plastik, da brauchst du keine Tüte.

15
Eis aus der Waffel schlürfen, nicht aus dem Becher. Denn wer schlürft, braucht keinen Plastiklöffel.

16
Schütze deine Kinder vor Plastik! Da die Kleinen viel auf dem Fußboden spielen, sollte der Belag nicht aus Plastik sein. Dort sind in der Regel Weichmacher (Mikroplastik) drin, die ausgasen und das Hormonsys-tem sowie Leber und Nieren unserer Kleinen schädigen. Ökotest hat getestet: Nur zwei von zwölf PVC-Bodenbelägen erreichten „befriedigend“. Und wer will schon, dass der Nachwuchs schlechter ist als das. Als Teppichböden aus Naturfasern eignen sich Sisal, Berber oder Tretford. Eine gute Alternative bieten Holzdielen oder Parkett und Kork, da sie fußwarm sind und ebenfalls eine heimelige Atmosphäre fördern.

17
Viele Einwegwindeln tragen die Bezeichnung „Windel“ völlig zu Unrecht: Sie sind Sondermüll! Die französische Agentur für Gesundheit-, Lebensmittel- und Umweltsicherheit wies bei Tests rund 60 chemische Substanzen nach – auch Plastik, zum Teil mit unzulässigen Konzentrationen. Bei normalem Einsatz braucht ein Baby bis zu 5.000 solcher Windeln von der Geburt bis zum dritten Lebensjahr. Es gibt gute Alternativen: Stoffwindeln sparen, einmal angeschafft, viel Geld, kosten allerdings viel Zeit und Waschmaschinen-Power. Es gibt Baumwoll-Windelhöschen mit waschbaren Stoffeinlagen. Und es gibt die Windelmanufaktur, bei der man sich Rat einholen kann.

18
Interessiere dich für die Spielsachen deiner Kinder und Enkel! Jedes fünfte Spielzeug aus Weichplastik überschreitet die gesetzlichen Grenzwerte für Phthalat-Weichmacher, kurzkettige Paraffine und/oder Bisphenol A. Besonders auffällig: Plastikpuppen, Bade- oder Quietschenten und aufblasbares Spielzeug.

19
Nicht nur plastikfrei einkaufen, sondern auch plastikfrei kochen: Viele Plastikprodukte in der Küche kannst du leicht durch langlebige Mehrweg-Alternativen ersetzen. Das beginnt bei den Spülbürsten, dem Schneidebrett oder dem Kochlöffel aus Holz, geht über Küchenfreunde wie Pfannenwender, Makkaronikelle & Co. aus Edelstahl und endet nicht beim Schraubglas, das sich sowieso anbietet, um Lebensmittel zu lagern.

20
Wenn du regelmäßig Mahlzeiten mit zur Arbeit nimmst, lohnt sich eine Brotbox aus Metall statt eine Plastikbüchse. Für Salate oder Suppen eignen sich verschraubbare Gläser.

21
Wiederverwendbare Bienenwachstücher halten Lebensmittel länger frisch und machen Frischhaltefolie überflüssig, es gibt Frischebeutel aus Baum wolle, die zwar etwa dreimal so teuer sind wie die handelsüblichen Plastikbeutel. Dafür halten sie aber so lange, dass man unterm Strich Geld spart.

22
Verwende Spüllappen und Geschirrtücher aus Baumwolle statt Mikrofasertücher oder Mikrofaserschwämme! Denn diese bestehen aus Chemiefasern wie Polyester, Polyamid oder Polyacryl. Und bei der Verwendung dieser Mikrofasertücher lösen sich feine Kunststofffasern ab und gelangen ins Abwasser und damit in die Umwelt.

23
Nutze Spülmaschinenpulver statt Tabs, die einzeln verpackt sind. Denn das Plastik löst sich auf und gelangt auch in die Umwelt.

24
Schränke voller Chemiereiniger und -putzmittel braucht kein Mensch. Aus einfachen Hausmitteln wie Essig, Zitronensäure, Soda, Kernseife und Natron können fast alle Reinigungsmittel hergestellt werden. Die sind natürlich und nicht plastikverseucht.

25
Benutze Haarseife oder festes Shampoo statt Shampoo aus Plastikflaschen. Nimm Rasierseife aus der Metalldose statt Rasierschaum.

26
Interessiere dich für die Inhaltsstoffe, denn manch Hersteller*in mixt extra Mikroplastik in den Nagellack, die Sonnencreme oder das Duschgel, um die Eigenschaften zu verändern. Und das gelangt so direkt in die Umwelt.

27
Tausche den Plastik-Seifenspender gegen ein Stück Seife. Nutze WC-Garnituren aus Bambus, Papier- Halter und Toiletten-Bürste aus Holz, besorge dir eine Bambus zahnbürste statt der gewohnten Plastikvariante.

28
Wenn du zu den menstruierenden Menschen gehörst: Hole dir eine Menstruationstasse aus medizinischem Silikon. Die soll sowieso gesünder sein und viele Frauen sagen, dass sie angenehmer zu tragen sei. Im Idealfall kommt Frau im Laufe ihres ganzen Lebens mit plus/minus fünf Menstruationstassen aus. Dem stehen etwa 17.000 Einweg-Binden oder -Tampons gegenüber, die voller Plastik-Teilchen sind.

29
Über Einwegrasierer musst du dich nicht ärgern: Wer die benutzt, den ärgert seine*ihre Haut von ganz allein. Doch auch zum „normalen“ Nassrasierer gibt es Alternativen: Rasierer aus langlebigem Holz oder Metall.

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Gibt es in deinem Laden eine Glasflasche mit Metallverschluss? Viele Mehrwegflaschen nutzen nämlich Plastik zum Verschließen.

31
Du willst dir vom Asiaten an der Ecke was zum Essen bestellen? Der ist sehr erfreut, wenn du ein eigenes Gefäß mitbringst. Denn erstens spart er die Einwegverpackungund zweitens damit Geld und drittens schont das die Umwelt.

32
Verzichte auf Fertiggerichte! Die sind immer von Plastik umgeben (Achtung: Abrieb = Mikroplastik als Zutat im Essen) und selten so lecker wie der Asiate an der Ecke.

33
Kaugummis bestehen zumeist aus Thermoplast – du kaust also auf Erdöl rum. Oder hast du schon mal plastikfreie Varianten wie Minzblätter probiert?

34
Sag Nein zu Produktproben und Promogeschenken. Oder sag: „Wenn die nicht in Plastik verpackt wären, würde ich ja gerne mal probieren!“

35
Werde zum Plastikdetektiv! Man glaubt gar nicht, wo dieses Zeug überall lauert. Zum Beispiel enthalten die meisten Yogamatten Weichmacher. Setz stattdessen auf Alternativen aus Bast, Baumwolle, Kork oder Naturkautschuk. Namasté!

36
Verzichte auf Polyamid, Polyethylen oder Polyester! Die synthetischen Fasern lösen sich bei jeder Wäsche aus unserer Kleidung hunderttausendfach. Wird ein Stoff aus reinem Polyester gewaschen, enthält die Abwasserfracht einer Waschtrommel etwa 496.000 Mikroplastikteilchen. Eine Studie hat gereinigtes Abwasser von zwölf Kläranlagen untersucht und synthetische Fasern in allen Proben nachgewiesen. Die Fasern bestanden aus Polyester (circa 74 Prozent), Polyamid (circa 17 Prozent) und Polypropylen (circa 9 Prozent).

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Verzichte so oft es geht auf das Onlineshopping. Erstens entsteht bei der Anlieferung Reifenabrieb = Mikroplastik. Zweitens sind Onlinebestellungen immer mega plastikverseucht. Drittens gibt es das gleiche Produkt auch oft um die Ecke bei einem*r sehr netten Einzelhändler*in, der*die zu-dem auch noch ordentlich Steuern zahlt (anders als Amazon & Co.).

38
Wenn in deinem Büro immer noch Einwegkugelschreiber, Wegwerfpatronen und Plastikbecher zum Einsatz kommen, sprich das Thema ruhig im Kolleg*innenkreis an. Bei Chef*innen kommst du mit dem Kostenargument weiter: Die Kaffeetasse erspart den Einwegbecher.

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Kauf Second Hand. Denn an wirklich fast jedem neuen Produkt klebt Plastik!

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Feier plastikfrei! Strohhalm, Konfetti, Deko-Fledermaus zu Halloween bis hin zum Faschingskostüm: alles aus Synthetik. Wer das für den kurzen Glücksmoment braucht, ist echt ein armer Tropf!

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Zu Weihnachten ergießt sich die größte Plastik-Müllflut des Jahresüber unser Land. Führe den guten alten Wunschzettel wieder ein! Dadurch ersparst du dir nicht nur Enttäuschungen, sondern auch jede Menge Plastikmüll.

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Recycle selbst, so gut es geht! Plastik, das du nicht vermeiden kannst, kann nur aufbereitet werden, wenn es sortenrein gesammelt wird. Also wirklich nur Plastik in den Plastikmüll!

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Engagiere dich! Sprich über das Thema mit Freund*innen, Verwandten oder im Netz. Informiere dich. Schreibe deinem*r Bundestagsabgeordneten, fordere eine bessere Politik. Werde aktiv, mach mit bei der #trashtag-Challenge.

44
Suche dir Verbündete! Wer sich allein auf den plastikfreien Weg begibt, der wird bald verzweifeln – zu hoch ist der Berg, den es zu besteigen gilt. Wer aber weiß, dass er oder sie nicht alleine ist, wer Tipps bekommt – und eigene Erfolgsrezepte weiter geben kann –, der wird aufblühen an der Aufgabe, Spaß finden und seinen Weg zum (fast) plastikfreien Leben finden.

Nick Reimer